Statement des Orga-Bündnisses vom Jugenkongress 2021 zur kritisierten Zusammenarbeit mit Pekari

Statement vom August 2021

Worum geht es?
In einer öffentlichen Kritik haben Genoss*innen die sexistischen Strukturen, den mangelhaften Umgang mit sexualisierten und sexuellen Übergriffen sowie Täterschutzdynamiken bei Pekari problematisiert (siehe Mail unten). Im selben Zug wurden wir als Orga-Bündnis des Jugendkongresses dafür kritisiert, durch unsere kritiklose Zusammenarbeit mit Pekari auf eine Normalisierung sexualisierte Gewalt hinzuwirken und aufgefordert, die Zusammenarbeit zu beenden, bis nicht umfängliche und öffentlich transparent gemachte Konsequenzen seitens der Gruppe aus den Vorfällen gezogen wurden.
Daraufhin haben wir uns zunächst ohne Pekari getroffen, um die Forderungen und unser weiteres Vorgehen zu besprechen. Im folgenden Statement wollen wir versuchen, unsere Entscheidung und den Diskussionsverlauf darzulegen.

Zunächst wollen wir uns bedanken für die öffentliche Kritik, den Mut und die Arbeit der Genoss*innen. Wir mussten feststellen, dass es unser Versäumnis war, die Zusammenarbeit mit Pekari nicht schon früher zum Thema zu machen, Transparenz einzufordern und Konsequenzen zu ziehen.

Wir teilen die Kritik, dass es problematisch ist, dass Pekari trotz langjähriger Konflikte und lückenhafter Aufarbeitung so einfach wieder aufs politische Parkett treten konnte und das ohne öffentliche Darstellung und auch ohne eine kritische Begleitung durch andere Akteur*innen. Dadurch wurde die Möglichkeit szeneübergreifender Lernprozesse beschnitten und inhaltliche Kritik an der Aufarbeitung verunmöglicht.
Obwohl Menschen im JuKo-Bündnis schon vor dem Anfang der Planung von den Vorfällen bei Pekari wussten und obwohl die Problematik bereits vor der öffentlichen Kritik der Genoss*innen auch im JuKo-Plenum Thema war, haben auch wir durch ausbleibendes Handeln zu der aktuellen Situation beigetragen. Die Beteiligten im Bündnis haben es in unterschiedlichem Maße nicht geschafft, rechtzeitig die Konfrontation zu suchen, schwierige Fragen aufzuwerfen und eine klare Position zu beziehen.
Während der internen Gespräche mit Pekari dazu wurden unter dem Deckmantel der Transparenz wichtige Punkte ausgelassen: So wurde uns z.B. eine baldige Veröffentlichung versprochen. Erst durch die öffentliche Kritik haben Teile des Bündnisses erfahren, dass dies offenbar nicht auf Eigeninitiative gründete.
Wir finden gut, dass im vorliegenden vorläufigen Statement von Pekari nun dies auch offengelegt wurde. Allgemein begrüßen wir das Statement und finden, dass es gute Gedanken und Reflexionen enthält und es sehr wichtig ist, solche Prozesse – auch in ihrem Scheitern – zu dokumentieren, um als Szene daraus lernen zu können.
Allerdings verstehen wir nicht, wieso das Statement nicht eigenständig und vor allem nicht pünktlich erscheinen konnte. Erst nachdem es öffentlichen Druck und die erneute Aufforderung durch unser Bündnis gab, kam die vorläufige Veröffentlichung. Wir finden es nicht Ordnung, dass die ursprüngliche Forderung von den Genoss*innen scheinbar nicht ernst genommen wurde.

Unsere Entscheidung

Wir haben uns dazu entschieden, die Zusammenarbeit mit Pekari für diesen Jugendkongress zu beenden, verbunden mit der Aufforderung, die Aufarbeitung fortzusetzen.

Bei dieser Entscheidung handelt es sich nicht um einen Konsens, sondern um eine pragmatische Einigung, welche von allen mitgetragen wird.

Diese Entscheidung ist dabei weniger als eine Strafe, sondern vielmehr als Chance gemeint, um die vorhandenen Kapazitäten umfassend auf die Aufarbeitung zu konzentrieren. Uns ist es wichtig, dass diese weiterläuft und sich nicht im Sand verläuft.

Wir haben uns außerdem entschieden, dass der Jugendkongress trotzdem stattfinden soll und wir uns der Planung nun mit deutlich weniger Personen annehmen wollen, weil wir alle finden, dass der JuKo ein sehr gutes und wichtiges Projekt ist.

(Das Ende der Zusammenarbeit kann nicht sofort in Kraft treten, da es einer Übergangsphase bedarf, in der Pekari nicht mehr an interner Kommunikation und Plena teilnehmen wird, aber Aufgaben, Kontakte usw. noch übergeben werden müssen. Wir bemühen uns, diese Phase möglichst schnell abzuwickeln.)

Unsere Diskussion

Diese Entscheidung zu treffen, war für uns nicht einfach. Sie ist das Resultat einer kontroversen Diskussion mit vielfältigen Positionen. Wir wollen hier einige wichtige Diskussionspunkte teilen.

Die Fragen, wann ein Aufarbeitungsprozess beendet ist und woran sich sein Gelingen misst, und auch wer darüber entscheidet, waren für uns herausfordernd und müssen unbeantwortet bleiben. Kann so ein Prozess überhaupt als abschließbar gedacht werden? Was sind Kriterien, an denen gemessen werden kann, ob eine Zusammenarbeit (wieder) in Frage kommt?

Wir finden jedoch, dass wir weiterhin zu wenig Einsicht in die konkreten Prozesse bei Pekari haben und dass die Aufarbeitung als weiterhin unabgeschlossen gelten muss: Besonders die Auseinandersetzung um Täterschutz-Verhalten innerhalb der Gruppe ist in vielen Dimensionen offen und mehr begonnen als abgeschlossen. Wir hoffen auf ihre Fortsetzung.
Eine weitere Frage, die uns beschäftigt hat, war, wie handlungsleitend der Fortbestand von Pekari als Gruppe sein sollte. Während einige Genoss*innen die Position vertraten, dass eine Zusammenarbeit mit Pekari eine potenzielle Chance darstellen könne, ihre weiteren Aufarbeitungsprozesse kritisch zu begleiten und sicher zu stellen, fanden andere, dass der Fokus auf der Solidarität mit der Kritik und den Forderungen der Genoss*innen liegen sollte. Dabei ging es auch wieder um die Frage der Rehabilitation und es wurde diskutiert, welchen Stellenwert dieses Anliegen haben kann und sollte. Grundsätzlich sehen wir keinen zwingenden Widerspruch zwischen einer kritischen Auseinandersetzung mit Pekari und dem Ernst-Nehmen der Kritik, doch mussten uns vor allem eingestehen, dass wir weder die Kapazitäten noch die Kompetenzen als Bündnis haben, um beides in ausreichendem Maße sicherzustellen.

Schlussendlich kam es zu unserer Entscheidung, weil es Personen gab, die eine Weiterarbeit im Bündnis mit Pekari unbedingt ausgeschlossen haben. Daraufhin waren sich alle einig, dass die Zusammenarbeit mit Pekari zu beenden sei, wenn sie dazu führt, dass Menschen nicht mitarbeiten wollen. Uns ist bewusst, dass dieser Konflikt nicht immer so akut und so offen erscheinen muss, sondern häufig auch unsichtbar bleibt: Wir wissen nicht, wer vielleicht von vornherein nicht Teil des Bündnisses ist, weil Pekari dabei war. Ausschlüsse sind nicht immer vermeidbar, aber es geht darum, zu entscheiden, wer nicht ausgeschlossen werden soll.

Wir sind über die  Mail-Adresse „jugendkongress-jena@riseup.net“ ansprechbar und für Anmerkungen, Kritik und Nachfragen offen. Auch wenn ihr weitere Anregungen oder konkrete Ideen für die Bearbeitung beim Jugendkongress habt, oder auch Lust, euch an der Planung oder Vorbereitungsaufgaben zu beteiligen, kommt gerne auf uns zu.

Das Orga-Bündis des JuKo 2021